Tag 6: Bisceglie - Porto Cesareo

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Die Nacht unter Olivenbäumen endet für die Rallye1000 Teilnehmer an einem regnerischen Morgen. Es nützt alles nichts: es bauen alle Teams ihre Zelte im Starkregen ab und kauern nass triefend in ihren Fahrzeugen vor der Heizung. Die von Malermeister Eckert zur Verfügung gestellten Decken sind jetzt Gold wert, und werden vor allem von den weiblichen Rallye1000 Teilnehmern sehr geschätzt- Endlich profitiert Team 77 (Geißler/Geißler) in ihrer Kühlmittel Vernichtungsmaschine von der stets auf Maximum eingestellten Heizung des BMWs. Sie übernehmen auch für Tag 6 die Navigation und führen das Feld der Küste folgend um den Absatz Italiens herum, nach Porto Cesareo. Nachdem die ersten Kilometer zurück gelegt sind, reißen die Wolken zu Ehren des Rallye1000-Geburtstagskindes F. Schupp (Team 33) auf und präsentieren schönsten Sonnenschein.

Das gute Wetter wird sofort genutzt, um einen Stopp zum Frühstücken und vor allem zum Trockenen der nass zusammengepackten Zelte am Meer einzulegen. Außerdem wird die Tageschallenge vom Vortag nachgeholt: „Stopp! Rückwärts". Die Teams müssen mit einem Versuch rückwärts an eine Haltelinie aus Pylonen heran fahren und möglichst exakt 2 Meter davor zum stehen kommen - die geringste Differenz gewinnt. Team 33 (Schupp/Müller) legt als letzter Tagesieger vor. Das Schießscharten-Heckfenster, das auf dem Kofferraum montierte Reserverad und die Frittentheke des Alitalia-Renners ermöglichen dem Piloten F. Schupp (Team 33) eine grandiose Sicht nach hinten. Hoch konzentriert mit ausgestreckter Zunge manövriert er den Boliden Richtung Pylonen. Die Kante der herabhängenden rechten Endrohre kommen bei 2,53 Metern zum stehen. Das ging letztes Jahr mit dem Rennclio und einem Delta von 15,8 cm bei F. Schupp (Team 33) deutlich besser. Für die anderen Teams zu schlagen. Pilot M. Schneider (Team 43) kann sich hingegen zum letzten Jahr klar verbessern: Das Erdbeerkörbchen steht bei 1,61 Metern (39 cm Delta zu 86,3 cm 2016). Die, zum Vortag sicht-optimierte Dritte-Bremsleuchten-Verklebung von Team 77 (Geißler/Geißler) zahlt sich jetzt aus: Der Kollos wird bei starken 1,94 Metern abgestellt (6cm Delta). Damit sichern sich die beiden Piloten nicht nur den Tagessieg, sondern stellen auch den Rallye1000 Rekord von Team 1/2016 (Burckhardt/Bertsch) auf Seat Cordoba Vario RS 4.0 mit einem Delta von damals 14 cm ein! Respekt! Die Euphorie nutzen die wackeren Kühlmittelmonsterbezwinger von Team 77 (Geißler/Geißler) in dem sie eine „Wenn ich Sie wäre"-Challenge aussprechen: Das annehmende Team muss vor jedem Verlassen des Fahrzeuges hupen. Hupenexperte F. Schupp (Team 33) nimmt sich dieser Herausforderung gemeinsam mit seiner Co-Piloten selbstverständlich sofort an. Nach einem finalen (gescheiterten) Flugversuch von M. Schneider (Team 34) mit dem inzwischen getrockneten 100 Quadratmetern Zeltplane bei Windstärke 10, macht sich das Feld weiter gen Süden.

Und da ist es wieder... dieses schauerlich Gefühl... die Nackenhärchen stellen sich auf... Gänsehaut an den Armen und dieses tief sitzende Unwohlsein in der Magengegend. Ein Blick in den Rückspiegel. Ja, ER ist es! Mit seinen hässlichen Glubsch-Scheinwerfern und seinen drei Sitzplätzen in der vorderen Reihe: Michael Schumachers All-Time-Favorite - der Fiat Multipla. Die Rallye1000 ist im Fiat-Multipla-Land angekommen! Überall lauern sie, an jeder Ecke, hinter jeder Kurve, an jeder Kreuzung in allen erdenklich hässlichen Farben. Um ein plötzliches Erbrechen der anderen Rallye-Teilnehmer beim Anblick dieses, nicht gerade ästhetischen Auswuchs der Automobilgeschichte zu vermeiden, wird der Funkspruch „Multipla Rechts/Links" eingeführt, der von den anderen Teilnehmern mit einem angewidertem „Buäh!" bestätigt wird. Der Grund dieser enormen Fiat-Multipla Dichte pro Quadratmeter in diesem Landstrich bleibt für die Rallyeteilnehmer unerklärlich. Was treibt die kleinen Italiener mir ihren Goldkettchen an sich solche Ungetüme zuzulegen und mit Stolz geprellter Brust über die Straßen zu pilotieren? Hat es ein entsprechendes Förderprogramm der Regierung zur Rettung des Fiatkonzerns gegeben, oder leidet die Bevölkerung vielleicht unter einer ansteckenden Art der multiplen automobilen Geschmacksverwirrung? Die wildesten Theorien kursieren über den Rallyefunk. Wieder einer ... „Buäh"

Team 77 (Geißler/Geißler) navigiert den Rallye Konvoi souverän die Westküste Apuliens entlang, ein tolle kurvige Küstenstraße in das aus praktisch einer Straße bestehende Städtchen Santa Cesarea Therme hinunter bis plötzlich eben diese Pflasterstraße ab der Strandpromenade gesperrt ist. Es herrscht Ratlosigkeit beim Navigationteam 77 (Geißler/Geißler). Sofort werden Einheimische älteren Semesters auf die bunten Rallye Fahrzeuge aufmerksam. Die Verständigung gestaltet sich entsprechend der auf Pizzaspeiskarten beschränkten Italienischkenntnisse der Rallyeteilnehmer als schwierig. Diese werden scheinbar für Scouts der dort stattfindenden „Rally del Salento" gehalten. Eine Wegbeschreibung kommt nicht zustande, aber dafür ein Jubeln als die Boliden mit hochdrehenden Motoren die kurvige Küstenstraße wieder hochjagen. Bei nächster Gelegenheit wird vom Navigationsteam 77 (Geißler/Geißler) der Blinker links, weg von der Küste ins Landesinnere gesetzt. Oder zumindest das, was die beiden Piloten Geißler für eine Gelegenheit halten. Ist das eine Straße? Oder zumindest ein Feldweg? Oder doch nur ein Trampelpfad über den nächsten Acker?!? Egal. Eine Offroadstage kann nicht schaden. Es wird beherzt runter geschaltet und die Jagd beginnt. Staub wirbelt auf, die Sicht ist als solche nicht mehr zu bezeichnen, Fahrwerke ächzen, Steine prasseln gegen die Unterböden, Reifen suchen verzweifelt nach Halt im Schotter, Motoren brüllen durch den Schwaden dunkelbraunen Sandes ... und das Grinsen in den Gesichtern der Teilnehmer wächst und wächst. Ab Cerfignano findet sich auch wieder eine befestigte Straße, welche die Rallyeteilnehmer nach diesem beherzten Ritt mit einigen Kurskorrekturen auch wieder auf die Route Richtung Kap Santa Maria di Leuca, der Absatzspitze Italiens bringt. Bei der Umrundung des Kaps bietet sich den Teilnehmern durcheine von Osten nahende Unwetterfront vor dem Leuchtturm des Kaps ein beeindruckendes Bild.

Von hier aus geht die Route an der Westküste entlang wieder Richtung Norden nach Porto Cesareo. Beim Anblick der netten Polizistinnen in kurzen weißen Shorts in Gallipoli erwägt Team 34 (Schneider/Schabacker) sich kurz freiwillig anhalten zu lassen, doch die Vernunft und das Bewusstsein der Strafpunkte für ein wenn auch angenehmes Aufhalten des Feldes obsiegt.

Recht spät wird das Apartment mit Platz für exakt 3 Rallye1000-Boliden im Innenhof, mit einem finalen Hupen von Team 33 (Schupp/Müller) in Porto Cesareo, der Heimat der Automobiltester, erreicht. So ist es auch nicht verwunderlich, dass man beim Abendessen auf, im nahegelegenen Nardò Technical Center arbeitende Kollegen trifft. Der Abend klingt natürlich nicht aus, bevor nicht noch ein Gruppenbild vor dem bevorzugten Fortbewegungsmittel dieser Region geschossen wird... „Buäh!"

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