Tag 8: Corigliano - Reggio Calabria

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Das Rauschen des Meeres weckt die Teilnehmer an Tag 8 der Rallye1000. Heute geht es, Navigationsteam 34 (Schneider/Schabacker) folgend durch den Nationalpark della Silla bis in die Schuhspitze des italienischen Stiefels nach Reggio Calabria. Eine anspruchsvolle Strecke. Also wird die Ausrüstung eingepackt und standesgemäß um 8:00 Uhr aufgebrochen. Los geht's. Oder? Naja, noch nicht so ganz. Die gestrige Etappe mit Ankunft in der Zivilisation nach Ladenschluss hat stark an den Vorräten der Teilnehmer gezerrt. Team 77 (Geißler/Geißler) und Team 34 (Schneider/Schabacker) brauchen einen Kaffee... Kaffee besorgt, also gut. Los geht's. Nein? Wieder nicht? Achja, es müssen noch neue Vorräte eingekauft werden. Nächsten Supermarkt angesteuert und eingekauft. Jetzt aber: Los geht's. Was ist denn jetzt schon wieder, verdammt noch mal?!?!? Es muss getankt werden... 3 Stopps auf den ersten 5 Kilometern des Tages, das kann ja heiter werden. 378 Kilometer to go.

Die Teams reißen sich zusammen und es geht weiter auf der Route, welche die Teilnehmer wieder von der Küste ins Landesinnere führt. Durch die in den Steilhang gebaute Stadt Corigliano schrauben sich die Teilnehmer in die Berge hinauf. Das Navigationsteam 34 (Schneider/Schabacker) führt den Konvoi durch den gelb blühenden Nationalpark della Sila mit seinen vielen gewundenen Straßen und schönen Landschaften. Interessanter weise löst hier eine andere Gattung die stolzen Multiplakutschierer ab. Während in den letzten Tagen der aufgedunsene Van/Bus/WasAuchImmer von Fiat das Straßenbild prägte, herrscht in diesem Landstrich ein älterer Vorfahre: Der Suicide-Panda. Hierbei handelt es sich zwar, mit der ersten Generation des Fiat Pandas, um ein in die Jahre gekommenes, aber dafür überraschend lebensmüdes Geschöpf. Sein bevorzugtes Umfeld sind nicht nur uneinsichtige Kreuzungen und Einmündungen aus denen es hervorragend in Vorfahrtsstraßen hineinstoßen lässt, aberwitzige Parkpositionen mitten auf der Fahrbahn hinter engen Kurven auf den es sich prächtig verweilen lässt, sondern auch Kreuzungen mit gut 10 Kilometern Sicht auf die man ohne Vorfahrt entsprechend mit Vollgas, ohne den Verkehr eines Blickes zu würdigen schießen kann. Wie diese Fahrzeuge und deren Insassen überhaupt ein derartiges Alter erreichen konnten bleibt ein Rätsel. Die Rallye1000 Teilnehmer können gekonnt alle Angriffe dieser hier einheimischen Fahrzeuggattung abwehren.

Team 77 (Geißler/Geißler) bleiben in ihrem mit Dichtmittel aufgeputschten 5er BMW beim Kurvenräubern dicht an dem Erdbeerkörbchen von Team 34 (Schneider/Schabacker) dran, während Team 33 (Schupp/Müller) im Honda mit Kriegsbemalung federn lassen muss. Die Belastungen der Rallye1000 fordern ihren Tribut: der Magen bedarf eine etwas ruhigere Fahrweise, als bei den vorausstürmenden Teams. Entsprechend wird noch im Nationalpark eine Apotheke auf der Route ausfindig gemacht. Wieder erweisen sich die mit rudimentär noch beschönigten italienisch Kenntnisse der Teilnehmer als Herausforderung. So wird ein Mittel zur Beruhigung des Magens kurzerhand mithilfe von abwechselndem Bedienen des Google-Translators auf dem Handy des Piloten F. Schupp (Team 33) und der Apothekerin gefunden.

Weiter geht es zurück Richtung Mittelmeer Küste. Das Navigationsteam 34 (Schneider/Schabacker) schlägt hier einen spannenden Weg ein: In den verwinkelten Gassen von Sorbo San Basile finden die Navigatoren eine Straße mit unfassbaren 51% Steigung (entspricht gemessenen 27°). Die Rallyeboliden meistern diese Herausforderung souverän, nur um oben angekommen festzustellen, dass es sich um eine Sackgasse handeln. Die Aussicht ist allerdings fantastisch. Damit nun auch die Bremsen nicht zu kurz kommen, geht es also die 51% wieder runter. Eine weitere Polizeikontrolle welche die herausgewunkenen Teilnehmer sofort weiterfahren lässt und das Meer ist erreicht.

Die Mittagspause kann somit am Sandstrand mit der ersten richtigen Badepause für dieses Jahr stattfinden. Da in den letzten Tagen eine Tageschallenges zu kurz gekommen sind, werden beschlossen diese an dieser fantastischen Location nachzuholen. Zunächst die noch offen Tageschallenge „Hot Wheels" von Tag 6: Die Teams starten in 1,5 Metern Entfernung seitlich von ihrem Fahrzeug, müssen diese mit dem offiziellen Rallye1000 Wagenheber aufbocken, ein Rad ihrer Wahl demontieren, flach auf den Boden legen, wieder drehmomentgerecht montieren, das Fahrzeug ablassen und inklusive Werkzeug wieder hinter die 1,5 Meter Linie. Team 77 (Geißler/Geißler) macht bei dieser ebenfalls 2015 ausgetragenen Challenge den Anfang. Nach 3:01.27 Minuten ist das Team wieder hinter der Linie. Weiter geht's mit Team 34 (Schneider/Schabacker). Der Start glückt gut, doch das Erdbeerkörbchen bewegt sich nicht vom Boden. Abbruch, Abbruch, ein technischer Ausfall am offiziellen Rallye1000 Wagenheber, der noch auf Fahrzeug ablassen eingestellt war. Also Wagenheber korrekt präparieren, Schrauben wieder festziehen und zurück auf los. Team 34 (Schneider/Schabacker) die zweite. Es läuft sehr gut, das Erdbeerkörbchenrädchen, das eher einer Dremeltrennscheibe als einem Autorrad ähnelt lag schon am Boden und wird wieder montiert. Die Uhr stoppt bei starken 2:01,75. Damit verfehlt Team 34 (Schneider/Schabacker) nur um Sekundenbruchteil den 2:01,41 Minuten Rallye1000 All-time-record aus dem Jahr 2015 vom damals ebenfalls mit der Startnummer 34 gestarteten Team 34-2015 (Tuschl/Tuschl) auf Buckwal-5er-BMW-Kombi. Eine sehr starke Leistung. Weiter geht es mit Team 33 (Schupp/Müller). Werden sie die Leistung von Team 34 (Schneider/Schabacker) toppen können? Es geht los. In ausgeklügelter Teamarbeite präpariert Piloten Müller (Team 33) den Drehmomentschlüssel während Pilot Schupp (Teamm33) den Wagenheber unter dem Honda-Stratos korrekt positioniert. Jetzt ein Werkzeugwechsel. Müller wechselt zum Wagenheber und pumpt den Rennwagen hoch während Schupp das Rad mit dem präparierten Drehmomentschlüssel demontiert. Die gelb gestrichene Felge liegt am Boden und wird direkt wieder zum Fahrzeug gehoben. Mit Händen und Füßen werden die Schrauben wieder angezogen, abgeknackt, das Fahrzeug abgelassen, uuuund über die Linie. 1:52,38 Minuten. Tagessieg und neuer Rallye1000 All-time-record!

Weiter geht es mit der Tageschallange von Tag 7: „Stopp!". In dieser, zum dritten Mal in der Rallye1000 Geschichte stattfindenden Challenge, müssen die Teilnehmer exakt 2 Meter vorwärts vor einer Haltelinie stehen bleiben. Sowohl 2015, als auch 2016 konnten die Piloten Burckhardt und Bertsch (Team 15-2015 & Team 1-2016) diese Challenge für sich entscheiden. Der Rallye1000 All-time-record aus dem Jahr 2016 liegt bei einem Delta von gerade einmal 3cm! Wird Mister Augenmaß M. Schneider (Team 34) dies unterbieten können? Ist dies der Tag der Rekorde an dem gleich 2 Stück gebrochen werden? Wir werden sehen. Team 33 (Schupp/Müller) legt vor: ein Delta von 65,5cm. Ein eher schwaches Ergebnis, die diesjährigen masiven Zusatzscheinwerferaufbauten fordern ihren Tribut. Weiter geht es mit Team 34 (Schneider/Schabacker). In den letzten Tagen konnte Pilot Schneider mit geradezu unfassbarer Präzision die Dimensionen des Erdbeerkörbchens einschätzen. Die Rekordhalter in Stuttgart zittern. Wird er es schaffen? Bei strahlendem Sonnenschein an der Küste Süditaliens fällt die Entscheidung. Mit geöffnetem Verdeck macht sich das, sich zunehmend in seine Einzelteile auflösende, in Osnabrück zusammengespaxte Cabrio auf dem Weg Richtung Prüfungsmauer. Es wird langsamer, tastet sich vorsichtig vor und Pilot Schneider (Team 34) bringt es zum stehen. Das sieht gut aus. Das Messpersonal waltet seines Amtes. Und? Ein Delta von ... 5cm. Aufatmen der Rekordhalter in Stuttgart. Um Haaresbreite schrabbt Schneider am Rekord vorbei. Denoch, eine fantastische Leistung. Weiter geht es mit Team 77 (Geißler/Geißler) schnell die bei jedem Stopp offenstehende Motorhaube schließen und los geht's. Der Kühler des BMWs hält einigermaßen die Flüssigkeiten bei sich. M. Geißler (Team 77) hoch konzentriert am Steuer. Kann er als Underdog Team 34 (Schneider/Schabacker) schlagen, oder sogar den Rekord von Burckhardt/Bertsch (Team 1-2016) brechen? Der BMW kommt zum stehen. Ein letzter Tropfen Kühlflüssigkeit tropft auf den Asphalt. Die Messausrüstung ist im Einsatz. Team 77 (Geißler/Geißler) erreichen ein Delta von 28cm. Ein guter zweiter Platz.

Es geht weiter die Südküste Italiens entlang. Ein weiterer kurzer Halt bei den netten Herren mit der Leuchtkelle, der ohne Konsequenzen bleibt und dem Etappenziel entgegen. Die Sonne scheint und eine leichte Brise weht über die Küstenstraße. Müdigkeit macht sich im Feld breit. Es wird ruhig im Rallyefunk. Die Beifahrer aller Teams gönnen sich ein Nachtmittagsschläfchen. Aus purem Reflex kommen von Team 33 (Schupp/schlafende Müller) weitere Fakten.

Funfact zum Fiat Multipla: Zu Ehren des Designers des Fiat Multiplas, Guiseppe Multiplacari, wurde ein Stadtteil Roms nach ihm benannt.

Das Meer funkelt im Sonnenlicht und ab und zu schießt noch ein vereinzelter SuicidePanda hinter einem Haus hervor auf die Hauptstraße. Am Horizont erkennt man schon die Küste Siziliens und den darüber thronenden Vulkan Ethna.

Funfact zum Fiat Multipla: Fiat konnte sich mit einer extra aufgelegten 4x4 Offroad-Rennversion des Fiat Multiplas 2 mal in Folge den Sieg der Rallye Dakar sichern.

Ohne weitere Ausfälle oder Dichtmittelstopps erreicht der Konvoi die Stadt Reggio Calabria. Die 3. Bremsleuchte des BMWs von Team 77 (Geißler/Geißler) schaukelt gemütlich im Takt der Bodenwellen über die gesamte Heckscheibe. Nachdem die Boliden auf einem etwas zwielichtig wirkenden Parkplatz abgestellt sind checken die Teilnehmer in John Wicks Stammhotel Continental ein. Mittels Tripadviser wird ein ausgezeichnetes Lokal ausfindig gemacht, in dem sich zwar die Kommunikation als gewohnt schwierig erweist, aber das essen hervorragend schmeckt. Morgen geht es mit der Fähre nach Sizilien.

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